Frequently Asked Questions
Title: drsrm Glossar

Glossar zu de.rec.spiele.rpg.misc
Geändert am 2016/11/21
Geändert am 2005/06/30

Rollenspiel (ohne Computer)
Azundris weiß:

Rollenspiel ist, wenn man sich vorstellt, jemand anderes zu sein. Wenn man das mit anderen tut, kann man gemeinsam eine Geschichte erzählen.

Dazu einigt man sich üblicherweise darauf, was für eine Sorte Geschichte man erzählen möchte -- einen Krimi oder eine Liebesgeschichte z.B. -- und wo und wann der "Film im Kopf" spielen soll, am Hofe Ludwigs des XIV vielleicht, oder im Weltraum.

Aus dem Genre ergeben sich gewisse Erwartungshaltungen -- im film noir wird es immer abgebrühte Detektive und arme reiche Mädchen geben, und Indiana Jones wird nicht vom Fußvolk des Bösen erschossen.

Was sonst noch so Trumpf ist -- Sollen bestimmte Themen wie Folter ausgeschlossen werden? Darf ein Rollenspieler in die Charaktere der anderen eingreifen? Was soll Vorrang haben, innerer oder äußerer Konflikt? Erzählt man mit oder gegeneinander? --, sollte vorher geklärt werden; diese Verabredungen werden scherzhaft als Gruppenvertrag bezeichnet.

Spielt man die Rolle tatsächlich aus, nennt man das "LARP" (live-action role-playing), werden die Aktionen nur beschrieben, spricht man je nach Medium von "pen + paper" (Hörspiel), "PBEM" (play by e-mail) oder "MUSH" ("multi-user shared hallucinations", online "chatrooms").

Dieses Glossar beschäftigt sich hauptsächlich mit dem "pen + paper"-Spiel. Wie bei einem Hörspiel erzählen also einige Menschen zusammen eine Geschichte; es gibt Sprecher und Sprecherinnen für die einzelnen Rollen, und meist es gibt einen Erzähler oder eine Erzählerin. Diese sogenannte Spielleitung (SL) verkörpert zudem die Nebenrollen.

Anders als beim Hörspiel gibt es aber kein Skript, kein Drehbuch: Wie beim Impro-Theater lassen die Spielenden ihre Charaktere einfach spontan auf die Situation reagieren.

Gibt es Uneinigkeit darüber, was möglich ist, vermittelt die Spielleitung. Um das Vermitteln und Entscheiden zu vereinfachen, sind die Gesetzmäßigkeiten der Spielwelt -- von physikalischen bis zu Genre-Konventionen -- oft in Form von "Spielregeln" niedergelegt.

Viele Spielende benutzen einen Charakterbogen, um die Vorgeschichte und die Besonderheiten ihrer Rolle (des "Charakters") festzuhalten -- daher rührt der Begriff "Pen & Paper"-Rollenspiele.

Wie bei einem Hörspiel gibt es keine "Gewinner"; gewonnen hat bei einem Rollenspiel, wer für die Dauer des Spiels Spaß hatte; dabei sind verschiedenen Spielenden verschiedene Dinge wichtig. Modelle wie das 3fold und das 5fold (s.u.) helfen Spielenden, sich über ihre Erwartungen zu verständigen und eine Einigung ("Gruppenvertrag") zu erzielen.

Gerrit weiß:
Du denkst Dir eine Rolle aus, machst Dich mit den Fähigkeiten dieses Charakters vertraut und fühlst Dich in diesen ein. Dieser wird in einer vollkommen neuen, oft auch gefährlichen, Umgebung agieren. Idealerweise gibt es in dieser Umgebung viele interessante und/oder spannende Dinge zu tun und die verschiedensten Wesen mit den unterschiedlichsten Motivationen zu treffen.

Rollenspielen ist also nichts anderes als kooperatives Geschichtenerzählen. [Manche] der Erzählenden, die "Spielleitung" oder "SL", stellen gewissermaßen die "Verbindung" zu der imaginären Welt her, indem sie den anderen die Umgebung der Charaktere vermitteln sowie bei Bedarf die übrigen Bewohner der imaginären Welt darstellen, die in der Geschichte vorkommen.

Rollenspiele sind in gewissem Maße vergleichbar und verwandt mit den Rollenspielen in Psychotherapie und Pädagogik (wobei beim Unterhaltungs-Rollenspiel weder ein Heil- noch ein Lerneffekt Primärziel ist), sowie mit Stegreif-Theater, besonders der Commedia dell' Arte mit ihren "Rollenfächern" (wobei Rollenpieler meist nicht vor und für Publikum spielen), und mit Kinderspielen wie "Cowboy und Indianer", "Vater, Mutter, Kind" etc., bei denen die Spielwelt ebenfalls größtenteils imaginär bleibt (wobei "Pen & Paper"-Rollenspieler die Handlungen ihrer Charaktere im Gegensatz zu LARPern nicht ausagieren, sondern beschreiben).
Live-Action Role-Playing (LARP) / Live-Rollenspiel
Azundris weiß:
Wo "pen & paper Rollenspiele" wie ein Hörspiel sind, ähneln LARPs dem (Impro-) Theater -- hier agieren die Spielenden die Handlungen ihrer Charaktere aus, anstatt sie zu beschreiben.
Weiterführende Informationen finden sich in der FAQ-Liste "LARP"° sowie "zum Mitmachen" im LARP-Wiki°.
Genre-Konventionen
Azundris weiß:
Bei Genre-Konventionen° handelt es sich um Erwartungshaltungen, die aufgrund des Typs (des Genres) der Geschichte aufgebaut werden -- im film noir wird es immer abgebrühte Detektive, verführerische Luder und arme reiche Mädchen geben, bei einer space opera wird der Held nicht vom Fußvolk des Bösen erschossen, bei Mittelalter kann sich durch Trinken von verunreinigtem Wasser eine tödliche Infektion einhandeln und unheldenhaft sterben, und diejenige, die den Prinzen aus den Klauen des Drachen rettet, wird seine ewige Liebe gewinnen -- egal, was sie für eine Zicke ist.
Viele Geschichten gewinnen ihren Reiz erst aus dem Brechen von Genrekonventionen.
Kris weiß:

Die erste, grobe Übereinkunft zwischen den Spielenden ergibt sich oft schon aus dem Genre. In einer klassischen US-Western-Kampagne gelten andere Regeln als in einem Shadowrun-Setting: Im Western werden die Guten halt nur am Arm getroffen, können dafür aber die alleinstehende Farmersfrau nicht alleine im Stich lassen und vor der Übermacht der Bösen fliehen. In Shadowrun kann der "Gute" halt ohne Probleme in der Gosse mit einem Schuß in den Unterleib verrecken, sogar, wenn es sich um ein sinnloses Drive-by Shooting handelt, das mit der Handlung nix zu tun hat, dafür würden Shadowrun-Spieler aber auch ohne Probleme die alleinerziehende Orkmutter im Erdgeschoß ausrauben, bevor sie ihr den toten Wachmann im Flur anhängen und sich verpieseln. Und man sollte sich vor dem Spiel dringend vergewissern, ob man jetzt einen US- oder einen Italo-Western spielt, sonst könnte es Mißverständnisse geben!

Spiele wie Primetime Adventures (PTA) gehen noch einen Schritt weiter und machen Genrekonventionen und Spielermotivationen zu den Regeln des Spiels. Sie berücksichtigen sogar Konzepte wie Spotlight Time bei der Planung einer Kampagne - es wird zu einem Teil des Spiels, die Kampagne wie eine Fernsehserie zu planen und wie z.B. im Lost Episode Guide festzulegen, daß dies im A-Plot eine "Kate" oder "Locke"-Episode wird, während im B-Plot dieses oder jenes näher beleuchtet wird. Eine Kampagne oder Spielsession wie eine Fernsehserie zu planen sorgt auch dafür, Spieler mit interessanten Erzähltechniken (Rückblenden, Foreshadowing, Krise, ...) vertraut zu machen und sie darauf vorzubereiten, bestimmte Charactereigenschaften vorab besser auszuarbeiten oder betont auszuspielen.

"Regelloses Rollenspiel" heißt ja nicht, daß alles möglich ist, sondern vielmehr, daß die Regeln sich nicht arbiträr aus irgendwelchen Regelbüchern ergeben, sondern aus dem gemeinsamen Verständnis davon, was aus dem Genre im allgemeinen und der Session im speziellen und der Situation gerade jetzt möglich ist.

Regeln vs. Genrekonventionen°
3-fold (3f)
Azundris weiß:
Das 3-fold benennt drei Erwartungen an das Rollenspiel; ein Spielabend erfüllt üblicherweise alle drei, nur eben in unterschiedlichem Maß:
  • Drama ("dramatism"), der Anspruch an den Unterhaltungswert der Geschichte, ihre Tiefe und Spannungsbögen
  • Simulation ("simulationism"), der Anspruch an die Glaubwürdigkeit der Geschichte (d.h. ihre Schlüssigkeit innerhalb der Physik ihrer Spielwelt)
  • Wettspiel ("gamism"), der Anspruch der Spielenden (nicht ihrer Charaktere), Rätsel zu lösen und Feinde zu besiegen
Da das Raster des 3f recht grob ist und zudem die Vorstellungen über die einzelnen Kategorien weit auseinandergehen, scheint es zusehends an praktischer Bedeutung zu verlieren; das 4-fold/5-fold (und Robin Laws' erweiterte Version) haben sich in der Praxis als genauer, verständlicher und handhabbarer erwiesen.
4-fold model / 5-fold model (4f/5f)
Azundris weiß:
Das 4f ist ein von Glenn Blacow geschaffenes System von 4 Skalen, auf denen Rollenspielende aufzeigen können, wie wichtig ihnen bestimmte Aspekte des Rollenspielens sind, was das Finden "Gleichgesinnter" vereinfachen soll. (Bruce Baugh wirbt° um das von Wayne Shaw et al. vorgeschlagene "Tourismus" als 5. Skala.) Hierbei handelt es sich um:
  • Roleplaying (Rollenspiel-Fokus) -- der Focus liegt auf der Persönlichkeit des (Spieler- oder Spielleitungs-) Charakters. Ziel ist die glaubwürdige Darstellung eines Individuums, nicht "Effizienz" oder ähnliches.
    Dieser Focus existiert vermutlich im MUSH in seiner reinsten Form.
  • Storytelling (Geschichten-Fokus) -- Ziel ist das Erzählen einer wie auch immer gearteten Geschichte, die ein "interessantes Gesamtbild" geben soll, vielleicht eine Geschichte, wie man sie gern lesen oder verfilmt sehen würde.
  • Wargaming (Taktischer Fokus) -- der taktische Fokus kann sich auch auf soziale Aktion beziehen; taktische/strategische Überlegenheit ist der Fokus; der Ansatz ist verglichen mit dem oft eher kooperativen Storytelling-Fokus eher kompetitiv. Für einen Taktiker kann ein umgeganger (End-) Kampf ein Gewinn sein, während er auf die Mitspielenden vermutlich eher antiklimaktisch wirkt.
  • Powergaming (Aufstiegs-Fokus) -- der Fokus liegt auf "Aufstieg" oder anderem meßbaren Erfolg; in character als Zuwachs an sozialem Status, Reichtum oder anderer "Macht", oder out of character als Zuwachs an "Rabattmarken" (Erfahrungs- bzw. Charakterpunkte), die sich in einen der obengenannten in character-Vorteile konvertieren lassen.
  • Tourism (Exotik-Fokus) [Wayne Shaw et al.] -- der Fokus liegt auf dem sense of wonder in Form von Erkundung exotischer Schauplätze oder Rahmenbedingen (Welten mit Magie etc.), dem Benutzer außergewöhnlicher Fähigkeiten etc. -- kurz, auf dem Nicht-Mundänen.
Robin Laws' Spielertypen (RoLOGG)
Azundris weiß:
Robin D. Laws (Autor von Feng Shui, Dying Earth u.a.) hat auf dem 5-fold aufbauend für seine Fibel Robin's Law of Good Game-Mastering (RoLOGG) folgende Spieler-Archetypen notiert:
  • den Method-Actor, die Method-Actress ("role-player")
  • den Story-Teller
  • den Tactician (Taktiker)
  • den Powergamer
  • den Specialist (die "Spezialistin"), der auf ein "Fach" festgelegt ist und stets den Ninja, die Elfe, das geflügelte Wesen spielt (oder das was im jeweiligen setting dem am nächsten kommt)
  • den Butt-Kicker ("Arschtreter"), der nach einer harten Arbeitswoche "Dampf ablassen" will
  • den Casual Gamer, der vor allem mit den Leuten "abhängen" will, und wenn seine Freunde dabei halt Rollenspiele spielen wollen, von ihm aus.
In der Fibel zeigt Robin, wie man herausfindet, was für Spielende man so hat, und wie man trotz der unterschiedlichen Erwartungen trotzdem möglichst viele davon zufriedenstellen kann.
Suspension of Disbelief
Peter Janik weiß:
Suspension of Disbelief ist dann notwendig, wenn ein setting sich grundsätzlich von unserer Erfahrungswelt unterscheidet, z.B. durch Vorhandensein von Magie oder Hochtechnologie. Wird diese Fremdartigkeit geschlossen und glaubwürdig (authentisch) dargestellt, gelingt es uns, unsere Skepsis für eine Weile beiseite zu legen und in die Geschichte einzutauchen. Die SoD endet, wenn man Teile der Welt anzweifelt, sie als lächerlich oder unglaubwürdig empfindet.
Wann SoD möglich ist, ist somit individuell verschieden.
Spotlight Time
Azundris weiß:
Die SLT ist die Zeit, während der der eigene Charakter im Rampenlicht steht, glänzen kann, es ganz auf ihn und seine Fähigkeiten (oder Gefühle) ankommt. In Gruppen mit geringer Interaktion zwischen den SC auch ganz allgemein die Zeit, in der sich die Spielleitung mit dem eigenen Charakter beschäftigt.
Setting
"Der Hintergrund."
Gruppenvertrag (Gruppenkonsens, group contract, GV)
Azundris weiß:
Der "Gruppenvertrag" ist die Summe aller Vereinbarungen zwischen die Spielenden -- werden bestimmte Genrekonventionen nicht beachtet? Gibt es Hausregeln? Soll ein bestimmter Aspekt des 3fold/5fold besonders betont werden (viele Kämpfe, viele exotische Schauplätze, tiefe Gefühle, ...)? Sollen bestimmte Dinge (wie Folter) ausgeschlossen werden? Können Charaktere nur durch heroische Selbstopferung, oder auch durch Zufallstreffer der gegnerischen Fußsoldaten oder Trinken brackigen Wassers sterben?
Der GV ist schlicht der Konsens darüber, wie das Spiel ablaufen muß, damit Spaß möglich ist.
IC / OOC
Azundris weiß:
Als OOC (out of character) bezeichnet man alles, was sich auf die Spielende, den Spielenden, nicht den Charakter (die Rolle) bezieht.
Als IC (in character) bezeichnet man hingegen alles, was sich auf die Rolle bezieht, was der Charakter sagt und tut.
Handlungen, Motive, Sprechweise etc. des Charakters (IC, der Rolle) können stark von denen der/des Spielenden (OOC) abweichen.
Was Han Solo (der Charakter) über Wookies sagt, ist in character.
Was Harrison Ford (der Schauspieler) über seine Gage sagt, ist out of character.
Oft gefordert wird eine hinreichende Trennung zwischen IC und OOC, so daß z.B. ein Charakter keine Informationen verwendet, die nicht er, sondern nur sein Spieler, seine Spielerin hat.
Würfelloses Spiel
Azundris weiß:
Zum einen lassen sich an Stelle von Würfeln andere "Zufallsgeneratoren" einsetzen, wie Münzwürfe, Ziehen von Karten (und, im Fall von Tarot-Karten, vielleicht deren Interpretation) etc.
Zum anderen gibt es Entscheidungsmethoden, die ohne Zufallselemente auskommen, wie z.B.
  • das deterministische Verfahren: wenn der Fertigkeitswert höher als die von der Spielleitung angesetzte Schwierigkeit einer Handlung ist, gelingt letztere.
  • das dramatische Verfahren: wenn der/die Spielende oder die Spielleitung beschließen, daß es eine "bessere Geschichte" gibt, wenn die Handlung mißlingt, tut sie dies.
    Was eine "gute Geschichte" ist, sollte vorher für die jeweilige Spielgruppe geklärt werden.
  • das argumentative Verfahren: der/die Spielende erklärt, warum eine Handlung Erfolg hat. Eine Variation des Matrix-System° z.B. verlangt das Benennen der Handlung (action) selbst, derer Folgen (result) sowie dreier guter Gründe (reasons), warum sie gelingt:
    "Ich werfe einen Feuerball auf den Prinzen was gelingt, da ich viele Jahre Feuermagie studierte, die Essenz des Feuers im Kamin nutzen kann und der Prinz von dem Stuhl, hinter dem er steht, nur unzureichend geschützt wird."
Ein beliebtes Argument gegen einige dieser Verfahren ist, daß sie der Willkür Tür und Tor öffneten. Das ebenso beliebte Gegenargument ist, daß einen die Spielleitung immer umbringen könne, und sei es durch hoch angesetze Schwierigkeiten oder das Entsenden von 2o,ooo Orks/Stormtroopers in Richtung der Charaktere, und daß das Spiel sowieso keinen Sinn mache, wenn man der SL nicht vertraut. Hier sollen Verfahren nur vorgestellt, nicht diskutiert werden, denn am Ende entscheidet ohnehin der Geschmack der jeweiligen Spielgruppe.
Regelloses Spiel
Azundris weiß:

Als "regelloses Spiel" werden meist solche Spiele bezeichnet, die keine expliziten "Spielregeln" (für Erfolgsmessung, Fertigkeitsvergleich oder Kampf) mitbringen -- meist werden das argumentative oder das dramatische System zur Entscheidung benutzt, manchmal auch Zufallselemente hinzugezogen (von "hoher Würfelwurf, hohe Erfolgswahrscheinlichkeit" bis "diese Tarot-Kombination inspiriert mich zu folgendem..."). Im einfachsten Fall gilt der Müller-Ansatz -- wer zuerst kommt, mahlt zuerst, und wer zuerst ein Detail beschreibt, hat Recht: Ich nehme den steinernen Aschenbecher von der Theke und werfe ihn nach dem Strassenköter definiert Existenz und Beschaffenheit des Gegenstands Aschenbecher.

Oft haben aber auch diese Spielrunden "Regeln" im weiteren Sinne in Form von Genrekonventionen oder den Vorstellungen der Gruppe von guten Geschichten.

Wer in seiner Kindheit statt "Vater, Mutter, Kind" eher "Cowboys und Indianer" gespielt hat, also ein Spiel, in dem es Gewinnerinnen und Verliererinnen geben kann, wird sich möglicherweise an mühsame Streits ("Päng, Du bist tot!" "Bin ich nich'!" "Bis' Du wohl!") erinnern und daraus schliessen, dass Regeln notwendig sind. Ist das eigene Spiel jedoch ohnehin wenig antagonistisch, oder geht es den Spielenden mehr um die "Gesamtgeschichte" als um ein "Gewinnen" (des Spielenden oder des Charakters), entfällt die Problematik schlicht.
Der erstaunte Ausruf "Regellos!? Das geht doch gar nicht!" ist aufgrund der Regellastigkeit traditioneller RPGs somit verständlich, tendiert aber in seiner Pauschalität dazu, Leute bei denen das eben doch geht, vor den Kopf zu stossen. Formulierungen wie "wie handhabt Ihr denn dann folgendes Problem" oder "für mich wär' das vermutlich nichts" haben sich als weniger kontrovers erwiesen. ; )
Spielleitungsloses Spiel
Azundris weiß:
Bei diesem Verfahren gibt es keine feste Spielleitung; eine(r) der Spielenden definiert bei Bedarf Teile der Welt oder der Nebendarsteller. Mögliche Erscheinungsformen hierfür sind:
  • der rollenbasierte Ansatz -- jeder der Spielenden ist außerdem Spielleitung für einen bestimmten Aspekt der Spielwelt. Wie man "die Welt aufteilt" -- "tierisch, pflanzlich, mineralisch", "jede(r) ist für bestimmte Nebendarsteller verantwortlich" etc. -- obliegt der Einschätzung der jeweiligen Spielgruppe.
  • der Müller-Ansatz ("Wer zuerst kommt, mahlt zuerst") -- diejenige der spielenden Personen, die zuerst auf die Idee kommt, eine bestimmt Eigenschaft der Spielwelt zu definieren, schreibt diese damit fest. Andere Spielende dürfen diese Definition nicht aufheben, in vielen Gruppen jedoch erweitern oder verfeinern.
    Dieser Ansatz ist bei vielen der #dsrm/#offtopicana-Spielrunden zu beobachten; in vielen MUSHes/MUXes wird er zumindest für Details der Spielwelt genutzt. Die plot points gewisser RPG-System (wie Theatrix) ermöglichen vergleichbare Eingriffe in die Spielwelt in begrenzter Zahl, mit denen die dort sehr wohl vorhandene SL dann umgehen muß.
  • der sequentielle Ansatz -- unter bestimmten Umständen (Wechsel der Szene, temporäre SL würfelt einen Patzer, ...) geht die Spielleitung auf eine bestimmte andere Person über (die nächste links, eine auszuwürfelnde, jene mit welcher zur Zeit des Patzers interagiert wurde, ...).
DRASTIC play
Kris weiß:
DRASTIC -- oder Diceless, Ruleless And StoryTellerless In Character -- play weicht vom traditionellen, durch D&D bzw. DSA geprägten Bild des Spiels ab. Es implementiert einige der oben erläuterten Prinzipien und orientiert sich an den Ideen des Improvisationstheaters.
Azundris weiß:
Die logs° von einigen Spielrunden auf #drsrm zeigen (auf eine etwas chaotische Art), wie auf übliche Begleiterscheinungen des Rollenspiels (Würfeln, Regeln...) verzichtet werden kann.
In geordneterer Form findet man diesen Spielstil in vielen MUSHes, aber auch in einigen LARP°s.

DRASTIC ist, wie der Name sagt, zumindest weitgehend regellos. Daher läßt sich kein Beispiel-System für DRASTIC benennen -- ein System beinhaltet ja normalerweise ein Regelwerk (sowie oft ein setting), und das Regelwerk entfällt bei DRASTIC ja gerade. Es lassen sich jedoch eine Reihe hilfreicher Techniken für das DRASTIC-Spiel° benennen.

Beim Spiel am Tisch kommt es oft zu Mischformen, bei denen es zum Beispiel minimale Konfliktlösungsregeln gibt, aber keine Regeln, die die -- oft durch Genrekonventionen ausreichend definierte -- Spielwelt beschreiben.

MUX, MUD, MUSH
Azundris weiß:

Hier handelt es sich um Rollenspiele, bei dem sich die Spielenden nicht im einem Haus, sondern auf einem Server im Internet treffen. Spiel und Dialog laufen meist rein text-basiert ab (weshalb das Ganze ein wenig an interactive fiction gemahnt, wo man allerdings nur mit dem Computer spielt).

MUDs -- Multi-User Dungeons -- sprechen dabei eher die Gamisten an -- es gibt "eingebaute" Regeln und Aufträge; auch kann man bei Bedarf ohne Mitspielende, also nur mit dem Computer, spielen. MUDs stellen somit einen Berührungspunkt zwischen "Computerrollenspielen" und "pen & paper RPGs" dar.

In MUSHes (multi-user shared hallucination) hingegen finden sich tendenziell eher die method actors unter den Spielenden; im naturbelassenen Zustand sind sie wenig mehr als ein IRC-channel oder ein Chatraum in dem man permanente Beschreibungen (für die Charaktere, Örtlichkeiten und Gegenstände) hinterlegen kann.
Eine ausführlichere Beschreibung des Spiels in MUSHes findet sich bei der Katze mit Wut°.

Auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel; nicht jedes MUD ist gamistisch, und viele World of Darkness-MUSHes scheinen bestrebt, Programm-Code für viele Situationen bereitzustellen; oft bemühen die Spielenden diese features aber gar nicht, sondern lösen die Situation spielerisch.
Eine große Auswahl von MUs ist auf mud.de° und dem MUD-connector° beschrieben; die passende newsgroup ist de.alt.mud.
Fraggle
Dr Temp weiß:
Als fraggle bezeichnen viele solche Spieler, die so sehr auf ein System, eine Spielwelt usw. fixiert sind, daß sie jede Kritik daran als persönlichen Angriff auffassen.
Minmaxen
Azundris weiß:
Minimaxen ist der Versuch mit einer vorhandenen Anzahl von "Charakterpunkten" nicht etwa einen stimmigen Charakter zu bauen, sondern einen möglichst "effektiven" (vgl. Wargaming, Powergaming). Dazu werden alle Werte, die nicht der unmittelbaren Funktion der Figur (Krieger: kämpfen) dienen, auf ein Minimum gesenkt; die dabei freiwerdenden Charakterpunkte werden investiert, um die "Primärfunktion" zu stärken: funktionales Rollenspiel.
Dieses Verhalten gilt abseits des Computers gemeinhin als unfein.
SC/NSC
Azundris weiß:
Es gibt gemeinhin zwei Möglichkeiten, die Personen in einem Rollenspiel zu unterscheiden:

Held
Daniela Nicklas weiß:
  1. Ehrenhafte und wohlwollende Person die das Gute verkörpert und nie aufgibt, wenn es darum geht, die Welt zu retten.
  2. Hauptperson einer Dichtung (18. Jhdt.), vgl. "Protagonist". Manchmal Held nach 1.
  3. Spielendencharakter in "Das schwarze Auge", vgl. 2.
Powergamer
Marc weiß:
Spieler die die Macht ihrer Charaktäre hemmungslos zur Durchsetzung ihres Dickkopfes nutzen
Boris Pöhlmann weiß:
Spieler, der großen Wert auf Powergaming legt
Boris Pöhlmann weiß:
Spieler, der Regellücken ausnutzt um seinen Charakter auf möglichst hohe (meist Kampf-) Werte zu optimieren. Vgl. minmaxen.
Azundris weiß:
Ist diese letzte Form außerdem ein fraggle, spricht man von einem munchkin.
Metzelgruppe
Daniela Nicklas weiß:
Rollenspielgruppe, bei der die Hauptelemente der Geschichte und die Charaktere auf die meist gewalttätige Lösung von externen Konflikten ausgerichtet sind. Andere Handlungselemente (wie innere Konflikte, Tourismus, ...) und nichtkombattante Charaktere sind eher unterrepräsentiert. (vgl. Powergamer)
1W6? 7D9+4???
Azundris weiß:
Ein Würfelanweisung in Kurznotation. Das W steht dabei für Würfel; D ist die englische Variante davon -- dice.
"1W6" ist also die aufforderung, mit einem (1) sechsseitigen (6) Würfel (W) zu würfeln; bei 7D9+4 würfele man mit sieben neun-seitigen Würfeln und addiere vier zum Ergebnis.
Abhängig vom Spielsystem addiert man alle gewürfelten "Augen," oder zählt die "Erfolge" -- Würfe, die eine bestimmt Zahl, die Schwierigkeit, übersteigen.
In vielen Systemen passiert etwas Besonderes, wenn man die niedrigst- bzw. höchstmögliche Zahl mit einem Würfel erwürfelt -- nämlich ein kritischer Fehler (auch Patzer, ein Vollverriß also) bzw. ein kritischer Erfolg (ein Glückstreffer der gelingt, auch wenn man eigentlich keine Chance hatte).
Wie man sieht, benutzen viele Rollenspielende höchst absurd geformte "Würfel" (meist W4, W6, W8, W10, W12, W20, aber auch W30 und an Golfbälle gemahnende W100 wurden bereits gesichtet); bei neueren Veröffentlichungen ist aber der Trend zurück zum W6 zu beobachten.
Generell ist zu beachten, daß sich mit der Anzahl der gleichzweitig zu werfenden Würfel die Wahrscheinlichkeit erhöht, ein durchschnittliches Ergebnis zu werfen ("Glockenkurve") -- beim Werfen eines einzigen Würfels (oder eines Würfels pro Dezimalstelle, z.B. wenn man einen Prozent-Wurf nicht mit einem 1oo-seitigen Würfel, sondern je einem 1o-seitigen für die Zehner- und Einer-Stelle wirft) hingegen sind alle Werte gleich wahrscheinlich.
Die Gleichverteilung wird oft kritisiert ("Die Wahrscheinlichkeit, daß ich einen Unfall baue ist doch wesentlich geringer als die, daß ich einfach ziemlich durchschnittlich -- ohne Glanzleistungen, aber heil -- mein Ziel erreiche."); die Anhänger der betroffenen System halten dagegen, daß man für Allerweltsaufgaben ja auch gar nicht würfele, sondern nur für Aufgaben die unter Streß zu bewältigen sind.